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Der erste Alte (St3)

Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. theol. et phil. 2° 144

Der erste Alte

Der erst alt lert wer der mensch sigÿ DEr aller erst alt lert dich minnenden sel uff dich selber dz du vor an betrahten solt vor allen dingen / wannan du komen sigsit war du wellest wer du sigist wer du waͤrd in diner muͦter lib was du worden bist waz du noch werden muͦst So antwúrt dir des ersten alten ler und spricht Got het dich ge machet us aͤschen zuͦ ainem unuernúnftigen menschen und hest dich selber nit gemachet denn von gnaden in schuld und von der menschait wider umb ze aͤsch und dar us redet Hugo in dem dritten buͤch von der sel und spricht Gang in din hercz und schecz dich selber wan nan du komen sigist wie du lebest waz du wirkest wie vil du lones verdienest oder súnden machest ob du taͤglich zuͦ nemest oder abnemest mit was gedenken din hercz tag und naht bekúmert sigÿ mit waz begirde din gemuͤt gevangen sigÿ Wie dick du von dem boͤsen gaist bekort wirst und von der welt betruͤbt und von dinem aigen lip gelitten wirst Und wenn du dich von innen und usnan betrahtest | (3va) so bistu dir selber unuerfangen zuͦ goͤtlichem erkennen vor dir selber und maht got niemer erkennen wenn du dich selber nit wilt erkennen nach dem maht du niemer begriffen den der ob dir ist Wenn du nit enwaist wer du bist wan der erst und fúrnemest spiegel got ze herczen sehen ist dz der mensch sich selber suͦchet und vindet wer er sigÿ dis spri chet hugo von sant victor und hillet mit im richardus von dem schowenden leben Es ist vil besser und núczer dz der mensch lern sich selber erkennen denne dz er wissen / wil der himel loͤff der krúter kraft der edeln ge stain wúrken der tier natur der menschen sitten und wis und tuͦn und laͮn aller dingen sach kúnnen und wissen wil / und himelrich und ertrich wise erspúren will ⸿ wann vil menschen wissent vil sachan die sich selber nit wissent noch erkennent und doch sich selber erkennen und wissen ist der hoͤsten kunst ainÿ die dem menschen zuͦ gehoͤrt nach dem ewigen leben zestellend // Wan es spricht Cassiodorus úber den psalmen Miserere mei deus Es ist der groͤst nucz an ainem diener gottes erkennen sin aigen krankhait und in sinen natúrlichen kreften und verdienen kain zuͦ versiht haͮn wann in dem menschen wachset gottes kraft da der mensch im selber ab gaͮt in natúrlicher kraft und sich selber vindet unmaͤhtig in allen dingen wider got dz sprichet der | (3vb) Gregorius sprichet in siner ler Als vil minder der mensch sich selber an siht als vil minder er im selber misse velt und als er me enpfindet des liehtes goͤtlicher gnaden als vil me und me bas und bas lert er sich selber straͮffen und erkennen dz der dem glich sprichet Bernhardus an ainer predÿ úbe der minne buͦch Ich waisz wol dz nieman mag behalten werden aͮn sin selbes erkennen Wan sich selber erkennen ist ain muͦter des hailes der demuͤtikait und ain gebererin goͤtlicher vorht und ain anvang alles glúkes Wiltu dich selber wol erkennen so merk ob alle dine werk fuͦglich sint ob si zimlich sint ob si núcz und guͦt sigint ob si dir lonbar sigint ob si dir vor der welt út ergerlich sigint ob si got genem und wert und lieb von dir sigint ob si got loblich und erlich sigint ob si dinem naͤhsten hilflich und núcz bar sigint gaistlich und liblich so hastu ain guͦt erkennen hie nach merck wie der mensch nach gottes bilde geformet sigy worden etc. Der erst alt wiset dich minende sele noch uff ain edlers und bessers denn du selber bist und druket dir in din gemuͤt dz die hailig drival tikait gesprochen het in dem ersten buͦch moÿsi also Wir súllent machen ainen menschen nach unserm bild und nach unserm glihnússe der vor sigi den vischen in dem mer den vogeln in den lúften und | (4ra) den tieren uff erde und allen creaturen da bi wirstu minende sel gelert dz unser herre den menschen ge bildet het nach dem aller besten dz ieman betrahten und bekennen kan dz ist nach im selber allain ⸿ Und merk het got út bessers in im selber gehebt denn sich selber er het úns ouch dar nach ge schaffen und noch edler gemachet Got het ouch dem menschen vollen gewalt verlihen úber alle ander creaturen und als got allain ist herr úber den menschen also ist der mensch herr úber alle ander creatur ⸿ Wer ist nuͦn der nach des bild und glihnússe der men sche geformet ist antwúrt dar úber Origenes úber moÿses buͦch und spricht Es ist unser herr jhesus crist us der der erst ge born suͦn ist des ewigen vatters in himelrich von den Paulus geschriben het in siner episteln ainer Und spricht er ist ain glast der eren und ain figur goͤlicher sústancÿ der da treit alle ding in im in dem wort der warhait der da sprichet Der mich siht der siht minen vatter als der siht ain ander bild der siht den des dz bild ist ⸿ Also der das ewig wort siht der siht den vatter us dem dz wort flússet und darumb ist dz wort mensch worden dz wir im zwifalteklich glich wurden ains nach dem goͤtlichen bild dz ander nach Der enpfangen menschait dar inn er sich nach uns gebildet und geglichet het diz spricht als | (4rb) Origenes Nuͦ ker dich du minnende sel uff dz bild dins us flusses dz du nach goͤtlichem bild gemachet bist Und well dich dz nit in dir selber zuͦ got raiczen waz du ge wesen sigist waz du nuͦ bist was du werden solt und och werden maht so laͮss dich dis zuͦ got raiczen dz du nach goͤtlichem bild gefor met bist als ain beschaiden und unuernúnftig creatur die form dir mit úber natúrlich kraft in ge drukt ist und in frigem willen us gesprochen ist als sanctus Jacobus spricht in siner epistel // Er het uns willeklich geborn mit dem wort der warhait dz wir wúrden etwas beginnen siner creatur spricht Jacobus in siner epistel da vor redt Anshelmus in siner ler // Her ich danken dir der gnaͮd dz du in mir geschaffen hest din gebild und wenn ich dich betrahte dz denn ich allain gedenk an dich und dich allain minne dz du mich dir glich gemachet hest // Wan han ich joch din bild in mir verdilget mit minen súnden so kanstu es wol wider bringen mit diner gnaͮd dz spricht der Wie aber got sin a denlich bild der gewaltigen und gebenedicten drivaltikait besunder in die sel gegossen het und besunder in dem libe geformet het dz sol ain ÿeglichi claͮri sel in sich druken und erkennen dz si dester naͤher in got geczogen werd mit goͤtlicher gelihnússe und dar inn veraint als uns hugo bewiset in dem buͦch von den vij sacramenten und spricht also Der ewig vatter ist von nieman | (4va) der suͦn ist von dem vatter der hailig gaist ist von in beiden // Also ist die drivaltikait sunder gegossen in die sel wan der muͦt dz da haisset die gehúgde ist von im selber // Die vernunft ist von dem muͦt und die froͤd ist von muͦt und von ver nunft und die dri sint ain sel als vatter sun und hailig gaist ain got sint // Also ist in menschen lib drivaltikait wan figur ist von ir selber dar us komet form und us figur und form kumet des libes schoͤni und die dri sint ain lip also ist in gedruket der haili gen drivaltikait bild sunder in sel und sunder in lip dz doch allen andern creaturen under geczogen und fremd ist dis spricht hugo Au gustinus spricht von der drival tikait Gedenknússe vernunft und will sint ains dar umb dz si ain sel sint und ain lip und ain wesen machent dz der // der dz wesen und die bildung die got in die sel also gedrukt haͮt wol verstat der mag an goͤtlicher bekantnúsz niemer verirren sprichet Richardus an sinem buͦch von der drivaltikait Ach du geminnete sel wie gar edel dz betrahtend ist dar nach der mensch geformet und gebil det ist wan dz ist dz aller best dz kain hercz betrahten kan noch mag hie nach merck wie alle crea turen durch des menschen willen geschaffen sint etc Ob dich aber dis nit ze got rai czet oder zúhet so wiset dich doch | (4vb) der erst alt uff die geczierd und schoͤni aller creaturen wie gar lustig die got alle geschoͤpfet und gemachet het allain durch des menschen willen der allain nucz narung trost und noturft da von haͮn sol / von allen wassern rainkait ze súbern ze kochend und ze-vischen und zuͦ vil andern sachen Und von dem ertrich hestu gras bluͦmen boͮm und aller laÿ fruht korn win fisch flaisch und aͮn zal vil ander núcz Von den bergen hestu ÿsen kupfer blÿ golt silber edelgestain und gar vil anders raͮtes Von dem luft hestu wint regen vogel haiter und dz dar zuͦ hoͤret Von dem himel hestu sunnen mon gestirn lieht tag und naht Von dem fúr hestu hicz wermi lieht und vil ander noturft Von den engeln hestu ler wisung huͦt rat hilf botschaft und dienst als Gregorius sprichet Si sint diener der menschen und hant grossen flis fúr uns dis alles beschlússet david in dem salter und spricht // herre du hest den menschen geseczt úber alle dine werk und hest im alle creatur undertaͮn gemachet Es spricht oͮch die glose úber Josve buͦch dz alle creaturen dem súnder haͤssig sint aber dem guͦten menschen dienent si nach billicher zimlichait dis sol dich minnende sel alle stunt tragen in got wan es got alles durch dinen willen | (5ra) geschaffen het // So mahtu die crea turen unendlich nuczen nach dinem ewigen verderben oder aber wol niessen nach dinem ewigen verdienen Wan es spricht Dÿonisius von der egelschen Jerarchie // Das sich die creaturen aller naͤhst zuͦ got fuͤgent und oͮch fuͤgen soͤllent die von got aller maist gaben haͮnt enpfangen Aber nieman haͮt von got als vil enpfangen als der mensch und dar umb ist er got aller maist dienst schuldig ze tuͤnd // Nuͦn merk du minnendi sel sprichet Augustius úber Johannes ewangelio // Wÿ gar milt dir got ist dz er dir alle creaturen vergeben ze dienst ge aigent het zuͦ uffenthalt zuͦ narung ze spis ze trost ze glust ze kestung ze bessrung noch du kain ding betrahten kanst goͤtlich wisshait hab dich in creturlicher geschoͤpde herlich und wol verse hen dz du dar inn vinden maht nach allem lust waz du gerst wan in der lengrung der creaturen vindestu got almaͤhtig // in der groͤssÿ der creaturen vindestu got als ain ewig sach In der ordnung der creaturen vindestu got in aller wisshait In der usrihtung der creaturen vindest du got guͤtig und wie du wilt so begegnet er dir in allen crea turen nach dem aller besten spricht der / Das ler ich alles erste alter dich minnende sel volgestu mir dz du dis alles ze herczen leist und dar us lebest so mahtu den guldin tron mit dem ewigen | (5rb) tron wol erwerben