Mü11, München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 505

Papier ‒ I + 200 Bll. ‒ 40 x 28 cm ‒ Bayern ‒ 1456

Mittelbairisch (Schneider 1978, 25).

Beschreibstoff Papier.
Wasserzeichen Amboss, ähnlich Briquet 5953‒56 2 verschiedene Waagen, nicht bei Briquet.
Lagen 17 Lagen: (VI‒1)11 + 10 VI131 + V141 + 4 VI189 + (VI‒1)200.

Neue Blattzählung 1‒200. ‒ Zwischen 3 und 4 sowie 7 und 8 eingeklebte Streifen aus einem dt. Brief, 16. Jh. ‒ Bl. I Pergament (ehemals Spiegel), unbeschrieben.
Schriftraum 27,5‒28,5 x 17,5‒18 cm
Spaltenzahl 2
Zeilenzahl 35 - 43
Hand Durchgehend von einer Hand. Korrekturen einer 2. Hand.
Schrift Bastarda.

Rubrizierung Rubriziert.
Initialen 2‒6zeilige blau-rote Fleuronnée-Initialen. 3r historisierte, textbezogene S-Initiale auf rot gerahmtem Feld mit Blattgoldfüllung; der schwarz konturierte Buchstabenkörper mit dunkelgrünem, gelbgrün gehöhtem Laubwerk belegt. Im Buchstabeninnern Johannes Evangelista im hellbraun unterlegten, violettrosa Gewand mit Nimbus und Kelch, aus dem die Schlange entweicht, vor goldbesterntem blauem Hintergrund. Den linken Blattrand begrenzt ein gerader goldener, schwarz gerahmter Stab. Um ihn winden sich zwei verschlungene Ranken, die ihren Ursprung in zwei blauen Wirteln an den Ecken des Initialkörpers haben. Zwei weitere Rankenverzweigungen werden durch dreifache grüne Schaftringe markiert. Die entstehenden Felder und Zwickel sind mit rautenförmig punziertem Blattgold gefüllt; von den Zwickeln gehen feine goldene Strahlen aus. Um den Text verschlingen sich in unregelmäßiger Führung die Ranken auf vier Seiten und spalten Nebenzweige ab, in die Spielkartenmotive frei eingefügt sind. An den Enden hängen oder stehen verschiedene Blüten. Im Rankenwerk zahlreiche Tiere. Der Storch am rechten Blattrand hält ein Spruchband im Schnabel, auf dem in Goldschrift Hans Rot (Rot über radiertem Rubri?) steht, darüber weißer Wappenschild in blauem, in abgestuften Rottönen gerahmtem Vierpass mit den Initialen h. r. und blind eingeritztem Schrägbalken mit zwei Schlüsseln. In der Forschung sind die Meinungen darüber kontrovers, ob der Name als Besitzervermerk zu verstehen ist oder sich auf den Miniator bezieht.
Miniaturen 24 überwiegend unkolorierte Federzeichnungen mit Darstellung der Alten (4rb, 6va, 9rb, 13vb, 17rb, 21va, 25va, 29vb, 37ra, 41va, 46rb, 62ra, 92rb, 98ra, 105va, 112ra, 120vb, 127vb, 135va, 142ra, 164vb, 172rb, 181va, 192ra; nur 4rb und 164vb koloriert). Zwei Hände. A: 3r (identisch mit dem Miniator der ‚Alexander‘-Handschrift St. Gallen, Cod. 625, Nr. 3.3.5. und der Münchener 42zeiligen Gutenberg-Bibel; weitere Zuweisungen siehe König 1983, 86); B: die übrigen Illustrationen. Format und Anordnung: Spaltenübergreifende, 1/2‒3/4 Spalte hohe Federzeichnungen (ca. 16,0‒19,0 x 12,0‒15,0 cm) vor Beginn jeder Rede zwischen Überschrift und Fleuronnée-Initiale. Bildaufbau und-ausführung: Keine Rahmung; die Alten stehen ruhig oder leicht bewegt auf einer Säule oder Konsole (37ra Blattkonsole), die durch eine eckige Deckplatte abgeschlossen wird (oft nur angedeutet). Auffallend ist das ausgeprägte Bemühen um Variation: Ansicht von vorn oder im Dreiviertelprofil, aber auch reine Seitenansicht (142ra). Das Gewand meist ein weiter Mantel mit reicher Faltendrapierung und eckig aufstoßendem Gewandsaum, daneben pelz- und bordürenbesetzte Prachtgewänder, einmal höfische Fürstentracht (46rb: kurzer Rock mit Pelzbesatz, enge Hosen, Schnabelschuhe, weiter Überwurf). Nur der 1. und 2. Alte tragen eine Krone, die übrigen neben Kappe und Haube phantastisch geschlungene Turbane; wenig Attribute (21va Zimmermannsaxt [?], 120vb Beutelbuch); meist ein schwungvoll-dekorativ den Raum füllendes, leeres Spruchband (nur 4rb mit Text: GEDENCK STERBEN AN ZEITE[N]). Große Köpfe mit ausdrucksvollen, individuell geprägten Gesichtern, untersetzte Körper, feingliedrige Hände in vielfältiger Gestik. Bemerkenswerte Zeichentechnik von vorzüglicher Qualität: sichere Führung der Umrisslinie, Modellierung durch parallele Strichelung und dichte Kreuzlagen in den Schattenpartien. Varianten der Faltenbildung: Röhrenfalten mit lappig ausgebuchteten Gewandzipfeln, Knitterfalten, eckig umgebrochene Gewandsäume. Buschige, fein gestrichelte Augenbrauen, graphisch stilisierte Stirnfalten. Bildthemen: Einzelbilder der vierundzwanzig Alten.
Einband Restaurierter Einband; Pappdeckel mit aufgeklebten Resten des alten roten Lederüberzuges; Einzelstempel wie auf Cgm 245; Spuren von 2 Schließen und je 5 Beschlägen.

Enstehungszeit 1456.
Enstehungsort Bayern.
weiteres

Schreiberdatierung 200va: Anno a nativitate domini milesimo quadringentesimo quinquagesimo sexto. Kein Herkunftsvermerk. Schmidt 1938, 135‒138 vermutet als Vorbesitzer den auf Bl. 3r genannten Miniator Hans Rot (siehe auch unter ‚Initialen‘). Über dessen Identität liegen allerdings keine gesicherten Informationen vor.Von demselben Schreiber und wahrscheinlich Miniaturisten, ebenfalls mit dem Namen Hanns Rot, existiert ein Fechtbuch in Rom, Bibl. Corsiniana, Ms. 1449. Siehe Schmidt 1938, 136; Schneider 1978, 25.Ir alte Bleistiftsignatur der Hofbibl.: 2997.

Bibliografie

Schmidt 1938, 135‒138 (Nr. 59)

Schneider 1978, 24f.

KdiH 1, 184‒186 (Nr. 4.0.38) und Abb. 93, 94

Hoffmann 2007, 214f., 327‒330 (Abb. 40‒47, vgl. 293)

Als die Lettern 2009, 52 (bei Nr. 14) [Bettina Wagner, Karl-Georg Pfändtner].

Online

www.handschriftencensus.de/6159

Archiv Petzet, 3 Bll., 1906.

Es wurden keine Angaben zum Inhalt hinterlegt.