Editionskriterien

Der vierundzwanzigste Alte

Leithandschrift
Ka1 Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. St. Georgen 64
Kontrollhandschriften
Ka2 Karlsruhe, Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 241
Ka3 Karlsruhe, Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 242
St3 Stuttgart, Landesbibliothek, Cod. theol. et phil. 2° 144

Der vierundzwanzigste Alte


1

[1] Der vier und zwainczigost alte leret von der wise und wandel, die got zuͦ den hailigen het in der ewigen selekait.


2

[1] Wye wol das si, daz dich, minende sele, die drú und zwainczig alten vor mir wislich und getrúlich , minneklich und nuczlich geleret hond, wie du erspúren solt, daz du den guldin trǒne lobelich ergriffest und eweklich behabest . [2] Und daz hond si zuͦbraht mit goͤtlicher lere und wisunge , alz es der goͤtlich munt selber gesprochen het und der hailig gaist durch die lerer selber geredet het.


3

[1] So wil ich nun, vier und zwainczigoster alte, dich, minende sele, underwisen und leren von der wise und ordenung und himelscher schikunge und goͤtlicher geberde und frúntlicher, geselliger erzoͤgunge , die got hǎt zuͦ allen hailigen und ze allen engeln, und alle hailgen und engeln hond widerumb zuͦ únserm lieben herren und got in dem ewigen vatter lant und ǒch si selber under enander.


4

[1] Und ist die aller erste wise und wandel, den alle hailgen und engeln uͤbent in dem ewigen leben, alz balde si aller erste ansehent den minrichen anblike únsers herren gliczen in sin selbes gothait und durchlúhtig in der hohen wirdigen und loblichen úberswenkigen drivaltikait , so singent si mit suͤssem schalle und mit goͤtlichem gedoͤne und in aller froͤde mit begirde aller ir kreften: [2] 'Hailig, hailig, hailig bist du almehtiger herre und got! [3] Himelrich und ertrich ist dines lobes vol. [4] Du bist alain wirdig, daz man dir gebe und zuͦlege klarhait , gothait, wishait, tugent, kraft, ere, wirdekait, guͤnlichait , segen, dankberkait alz únserm ewigen herren und got. [5] Du bist wirdig lobes, ruͦmes, zierde . [6] Und aller der meͣhtekait, die ieman erkennen und erdenken kan, bist du vol úberfluͤssig , und ist dir nieman gelich an allen dingen. [7] Aller sachen bist du ain herre, und mag noch kan dir nieman gelichen noch widerstreben. [8] Du hest gemachet himelrich und ertrich. [9] Und was darinne ist, daz ist alles us dir und von dir und durch dich gemachet, gescheffet und vollebraht. [10] Darumb so ruͦment wir dich eweklich bis in die ewekait, won du bist alain únser froͤde und únser trǒst und ǎne dich sind wir núcz .' [11] Dis alles sprichet Ysaias der prophete und sanctus Johannes in der tuͦgen buͦch und hillet mit im sanctus Ambrosius und sanctus Augustinus und der lerer gar vil, die da sprechent, daz die hailigen und die engel und alle seligen daz lobe tuͦnt vor got ǎne underlǎss und noch tusendstund me, denne ieman erdenken kan oder mag. [12] Es sprichet sant Augustinus úber den salter, daz in dem ewigen vatterlant so hoͤret niemer me uf got ze lobent ǎne underlǎss weder hercze noch zunge noch gemuͤte noch wille noch sinne noch vernunfte. [13] Daz sprichet der.


5

[1] Darumb die seligen got billich ruͤment, lobent und erent, daz ist des schulde, daz got ist sin selbes wessenhait und nút ains andern, und daz aller adel und volkumenhait in sinem sin und istekait beslossen ist und ǎne in nút, alz Innocenius sprichet in ainer bredige. [2] Got het nút in im tailung noch zwivaltekait noch widerwertekait noch manigvaltunge . [3] Und was er ist, daz ist er von im selber und in im selber und het kain entlehnet wise von nieman.


6

[1] Merke ǒch fúrbas, daz die seligen darumb got lobent, daz er ist sin selbes sinne und wesenhait . [2] Und alz er ist sin selbes gothait, und er ǒch ist, also er wúrket mit siner kraft, mit sinem gewalt , durch sin vernunfte und willen, als sanctus Paulus sprichet: 'Er wúrket alle ding in allen dingen, alz er wil.' [3] Ǒch ruͤment und sagent im pris alle engel und hailigen, darumb daz in im ist grosse schoͤne, kraft, seͣlekait, wishait wúrken inwendig und uswendig, alz er wil, und in im het ewekait und lebenlichait und wishait aller creaturen. [4] Davon sprichet sanctus Dyonisius von der engelschen jerachie: Got ist ain sach aller ding, die sind und gesin múgent, und behaltet si in ime und belibent ǒch in ime.


7

[1] Si lobent ǒch got, darumb daz in im ist vatter und sune und hailiger gaist, und si die erkennent in ainer wesenhait , daz si sind ain nature, ain luterkait und unvermússchet noch von nieman zesamen gewelczet, sprichet sant Augustinus in dem buͦch von der cristenlichen lere. [2] Ain ieglich persone ist got, und sind doch ain got. [3] Und ist ieglich persone substancie , und sind doch alle substancie und gelich ewig.


8

[1] Die selben lobent únsern herren, darumb daz si in im sehent alles daz, daz muglich in im und us im ze tuͦnde ist und worden ist. [2] Si sehent in siner goͤtlichen wesenhait alle ding zimlichen . [3] Si sehent in sinem gewalt alle dinge krefteklich . [4] Si sehent in sinem wissen alle ding bildelich . [5] Si sehent in sinem willen alle ding frilich und ledeklich . [6] Si sehent in siner gerehtekait alle ding ordenlich und sehent in siner ewekait alle dinge unbeweglich. [7] Und darumb so sprach frow Hester: 'Herre, in dinem gewalt sind alle ding geseczet und ist nieman, der dir wider streben múg. [8] Wan du bist allain herre aller ding und úber alles, daz ieman erdenken kan.' [9] Die wise alle gebent den hailigen und den engeln ursach got ze loben und ze ruͤmend ǎne ende bis in die ewekait.


9

[1] Si lobent ǒch únsern herren umb alles daz guͦt, daz er in ie gemachet het und in geben het, sunder daz got in ist ain anvang und ain uffenthalt ir nature und daz er si geordenet und geschiket het zuͦ der ewigen glorie und zuͦ goͤtlichem niessen . [2] Die seligen lobent ǒch got, sunderlich daz er in ist ain durchlúhtet lieht aller klarhait in dem ungeendeten gegenwurf sin selbes selekait, in der wesenhait , die aller guͦter ding ursach und stifterin ist; [3] ǒch darumb daz er in ist ain sigenúnftig guͦt, mit dem si gesiget hand in willen, in vernunft, in gewalt , in gedenken, in worten, in werken durch sin goͤtlich minne, mit der si alle ding úberwunden hant. [4] Ist nun alz vil guͦttes und soͤlich grǒss lehen, daz got dem menschen verlihet in dem himelrich und der almehtig herre sinen erwelten berait het, sprichet sanctus Augustinus in dem buͦch von den worten gottes, so schecze ain ieglich mensche, wie der denne alz gar mehtig, schoͤne und herlich mag gesin, von dem es alles kumet.


10

[1] Die seligen lobent got ǒch umb die grǒssen froͤde, die er in verlúhen het und in si gossen het, die in in wider quellent und úberfliessent . [2] Got ist ǒch in dem seligen alz ain ruͤwig und benuͤgig ende aller genuhtsame , die ieman erdenken kan, und alz ain wirdig und herlich besiczen, ǎne die nieman kain guͦt volbringen mag. [3] Und darumb so sprichet sanctus Gregorius in dem buͦch von den sitten: Nim alles daz herfúr, daz got den hailigen und seligen und allen engeln guͦtes getǎn het, ǒch denne so kan in nieman volle ruͤmen, alz er ist.


11

[1] Won nun alz gar vil froͤde und trost got het mit den erwelten in dem himelrich, so fragent vil torehter menschen, was got teͣte, ee er himelrich und ertrich geschuͤfe . [2] Muͦste er do der froͤde der engeln und der hailigen aller mangelen und der eren und lobe, von den er geschriben het? [3] Darzuͦ antwurt Ysidorus an dem buͦch von dem hoͤhsten guͦt und sprichet: Es sol nieman ain núwen willen noch kraft noch gewalt in got legen, der im zuͦvalle von creaturen und den er vor nút enhat. [4] Won alle creaturen hond von im, daz si sind, und het er von creaturen núczet úberal. [5] Und wie himelrich und ertrich etwenne in wesenhait nit were, so warent doch alle ding in goͤtlichem vermúgent und in siner vernunft und in sinem willen und gewalt und rate, und also hett er alles, daz er wolt, alz ǒch nun. [6] Und sprichet sanctus Augustinus in dem buͦch von der bihte, vor allem zit und was ie in zite geschaffen wart, stuͤnde die ewekait vor in aller hoͤhe alz ǒch nun, und darinne het got kainen mangel.


12

[1] Ich sol dich, minende sele, ǒch leren, ob got und alle hailigen und engeln in dem ewigen himelrich siczen oder standen oder gangent oder fliegen oder was ir begirde und wise in dem ewigen vatterlant si. [2] Solt du zuͦ dem ersten von got alsus verstan, won got ist ain blǒsser, lutter gaist, daz im soͤlich wise nút fuͦglich sind noch im nút zuͦlegen , die aime gelibeten guͦt zuͦ gehoͤrent, daz er sicze oder gang oder stand, won er ist daz guͦt, daz úberswenkig allain ist. [3] So stat er solicher wise ledig und muͤssig in siner aignen wesenhait , daz in weder stat noch umbevang weder begriffen noch umbkraissen mag, won er ist us allen dingen, und mag in nieman gewaltigen . [4] Den sinne schribet maister Johannes der schotte, der subtile lerer, und mit im Gwarro, sin maister, und maister Peter der adeler und der lerer gar vil.


13

[1] Aber doch úns zuͦ ainer verstanden begriffenlichhait so sprichet die hailig geschrifft, daz únser herre got etwenne siczet. [2] Alz David sprichet in dem salter: 'Got siczet uf sinem hailigen sessel.' [3] Ǒch sprichet Ysaias der wissage: 'Ich hon minen herren got sehen siczen uf ainem hohen sessel úber sich erhebet, und was alles ertrich vol siner magestat.' [4] Und mit den zwain hillet sanctus Johannes in der tuͦgen buͦch. [5] Es sprichet ǒch die hailig geschrifft, daz únser herre etwenne stat, alz Abacuk der wisage sprichet: 'Got der stat und misset daz ertrich.' [6] Und von sant Sthephan stat geschriben in dem buͦch der zwelfbotten leben, daz sant Stephannus sach in todes not únsern herren ston in dem himelrich. [7] Es seit ǒch die hailig geschrift, daz únser herre got gat. [8] Als do Adam gesúndet het in dem paradise, stat geschriben in dem ersten buͦch Moysi, daz sich únser herre ergieng in dem paradis und ruͦft Adam. [9] Ǒch sprichet únser herre Jhesus Cristus in dem ewangelio: 'Got der gúrtet sich und gat und haisset si enbissen und gǎt fúr si und dienet in.' [10] Dis redet únser herre Jhesus Cristus: Daz got sinen erwelten dienet.


14

[1] Zuͦ disem solt du merken, daz alle hailigen und engeln etwenne stond vor got und lobent in umb alles daz guͦt, daz si sehent an siner zarten klarhait . [2] Etwenne so knúwend si vor got und vallent an ir anlút und bettent in an umb alles daz guͦt, daz er in im ewigem niessen verlúhen het umb ir verdienten guͦte werke. [3] Etwenne so siczent si umb únsern herren und froͤwent sich mit geluste , daz si im dankent, daz si ewigen trǒst mit im besiczen sond. [4] Und die dri sinne schribet sant Johannes ewangelista in der tuͦgen buͦch. [5] Etwenne gond si vor got in dienstberer erzoͤgunge und flissent sich got ze dienen ǎne underlassen umb die grossen minne und frúntschaft, die in got erzoͤget ǎne underlǎss bis in die ewekait, und sind ǒch darzuͦ mit allem troste geflissen , alz sant Augustinus und sant Anshelmus schribent in iren buͤchern. [6] Etwenn so swiment si in goͤtlichem gewalt , daz si sind in goͤtlichem gewalt , wa si wellent, und ir geverte alz snelle ist, alz der mensche gedenke sind, alz sanctus Gregorius und sanctus Bernhardus mainent. [7] Soͤlich wise uͤbent und tribent die seligen in dem vatterlant mit froͤden und trǒst ǎne arbait, ǎne alles verdriessen und ǎne underlǎss mit allem goͤtlichem erkennen und dankberkait der minne.


15

[1] Ǒch so wisse, daz da niemer naht wirt noch nieman da slǎffet noch isset noch trinket, wan goͤtlich niessen ist in allen ain ergeczlichait , wie si selber erdenken kúnent in dem ewigen leben. [2] Davon sprichet sant Augustinus in dem buͦch von der stat gottes: Got erfúllet himel und erde mit der gegenwúrtikait sines gewaltes und mehtekait und bedarffe darzuͦ niemans hilfe und dienet mit im selber sinen erwelten creaturen nach vollem benuͤgen . [3] Daz sprichet der. [4] Es het got in dem ewigen leben zuͦ ainem ieglichem seligen menschen solich grǒsse flisse, alz het er in allain geschaffen und geordenet zuͦ dem ewigen leben, sprichet sant Augustinus in dem buͦch von der bihte. [5] Und merke es wol!


16

[1] Nun wil ich vier und zwainczigoster alte dich, minende sele, leren von allen den wonungen, die da sind in dem ewigen riche. [2] Won únser herre Jhesus Cristus gesprochen het in dem ewangelio: 'In mines vatter hus ist vil wonungen.' [3] Wie wol daz si, daz alle hailigen und alle engeln ain got niessent und schǒwend , so ist doch ir wonunge anders und anders.


17

[1] Gottes wonunge ist die erste, die hoͤhste, die beste, der kaine gelich ist. [2] Er wonet in im selber, won er het alle ding in im beslossen. [3] Er wonet us im selber, won er het alle ding allain umbvangen. [4] Er wonet ob allen dingen, won er richset ob allen sachen und richtet alle wessenhait us. [5] Er wonet under allen dingen, won er ist aller ding uffenthalt . [6] Er wonet in allen dingen, won on in ist núcz. [7] Daz sprichet sant Gregorius úber den propheten Ezechelem und hillet mit im sant Augustinus úber Moyses buͦch. [8] Got ist sin selbes wonung, won er ist der aller núwest, vor im was kain got, noch nach im so wirt kain ander got. [9] Er ist der anvang ǎne alles beginnen und ist daz end ǎne alle zilunge und ufhoͤren. [10] Waz got het, daz ist alles ain wonunge und sin wesenhait , und was in im ist, daz ist alles got und sin gothait. [11] So sprichet sant Bernhardus in dem buͦch von der pruͤfunge und mit im sant Hugo in dem buͦch von den sacramenten. [12] Unsers herren Jhesu Cristi wonung ist in dem ewigen wort beslossen in des vatters wishait und ungetailet von aller gothait, alz ǒch sant Anshelmus sprichet. [13] 'Und ist geseczet zuͦ der rehten hant sines ewigen vatters in goͤtlicher zesewe ', alz sant Marcus sprichet in sinem ewangelio. [14] Und da ist sin ewige wonunge.


18

[1] Der minnerich und himelsche kaisserin Maria gottes muͦter wonunge ist ob allen engeln und hailigen in dem kúnglichen trǒne geseczet nebent iren sun. [2] Da ir nieman gelich ist, alz gar billich ist, daz si da ir wonunge hab allain, da ir sun wonnet, alz sanctus Augustinus und sanctus Jeronimus von ir uffart wol geschriben hant, und der zwelfte alte, min gesell, ǒch wol davon geleret hǎt.


19

[1] Ǒch solt du, minende sel, wissen, daz dis froͤde, die die seligen hond in dem ewigen leben, komet nit von des himels kraft noch schonhait, si kumet aber alle von got. [2] Doch so het got den himel nút gemachet durch sin selbes wonung, er het in gemachet durch aller hailigen und engeln herberg willen und ewiger wonunge, und sind der himel zehen. [3] Aber in kainem himel wonent die engeln und die hailigen denne in dem aller hoͤhsten, der der fúrin himel haisset von úberiger schoͤner gezierd und klarhait , die got allen engeln und hailigen an in geleit het ze trost, und het in siner nature daz aller suͤssest getǒne und hal , daz dis nieman gescheczen kan. [4] Dis alles sprichet Strabus, der edel lerer, úber daz erst buͦch Moysi.


20

[1] Darnach lere ich dich von der engeln wonung und wúrken. [2] Won es sprichet Richardus, daz die engeln alle zite und stunde wonent bi den menschen darumb, daz si si lerent himelsche und goͤtlich leben. [3] Daz sprichet der in dem buͦch des vermischten trǒnes. [4] Es spricht ǒch sanctus Anshelmus úber santus Matheus ewangelium: Es ist ain grǒsse wirdekait, alz balde ain ieglich sele geschaffen ist, daz ir denne zehant zuͦgefuͤget wirt ain engeln, der bi ir wone und ir huͤte .


21

[1] Wie und wa aller hailigen engeln und hailigen wonung si in dem ewigen leben, sol ich dich, minende sele, nun leren. [2] Und wisse voran, alz sanctus Augustinus sprichet und gewonlichen gar vil lerer mit im, daz alle menschen darumb von got geschaffen sind, daz si der boͤsen engeln val erfúllen in den nún koͤren der engeln. [3] Aller hailigen wonung ist nach dem und ain ieglich mensche me und minrre verdienet het, alz sanctus Gregorius sprichet in siner lere ainer.


22

[1] Der nehste alte vor mir, min geselle, der dri und zwainczigoster alte, hǎt dich wol geleret, minende sele, daz marterer und lerer und megde alain besiczent den lone des kroͤnlins, der doch hundertvaltig ist und ǒch der aller groͤst, und seit daran ware nach aller lerer mainunge . [2] Doch nach der lerer wisunge sol man ieglich hailigen seczen in die wonunge sines verdienten lǒnes, alz únser herre Jhesus Cristus sprichet in dem ewangelio: 'Gib ieglichem arbaiter, daz er verdienet het, ainem alz dem andern.' [3] Won aber die hailigen zwelf botten únsers herren Jhesu Cristi und die vier ewangelisten den brise billich tragent vor allen hailigen, darumb daz si marterer und lerer und ain gruntfeste aller cristenhait gewessen sind, so sol man in geben die aller hoͤhsten wonung in dem chore der hoͤhsten engeln serapfin . [4] Won die engel serahin sind got die aller nehsten und die ersten und die volkumenesten und die hoͤhstengot ze niessen in der innigesten mine, die er geben mag kainer blosser nature nach siner muͦtter Maria. [5] Und also die zwelf botten got geeret het uf erde fúr alle hailigen, also ist ir wonunge die hoͤhste in himelrich. [6] Er erwalt si fúr alle die welt, daz si sin sunder frúnde soͤlten sin. [7] Er gab in gewalt in himelrich und uf erden zu binden und ze enbinden. [8] Er gab in gewalt úber gesunde und siechen und úber lebendig und úber tote und úber engeln und úber túfel und úber alle kunst und wishait, und daz si alle spracha wol reden kunden. [9] Er gab in ǒch des aller ersten sinen hailigen frǒnlicham und wihte si zuͦ den ersten briestern darumb, daz si sinen fronlicham fúrbas geben moͤhten. [10] Er het in ǒch geben gewalt an dem jungsten tag urtail ze sprechen úber guͦt und úber boͤsse. [11] Dis alles stat geschriben in dem ewangelio. [12] Und darumb, alz got die zwelf botten und die vier ewangelisten alsus geeret het in zit fúr alle ander hailigen, so ist ir wonunge die hoͤhste in ewekait mit den engeln seraphin , die da got sehent und schǒwend und niessent in der aller wirdigesten contenplacione goͤtlicher minne. [13] In die wonunge gehoͤrent ǒch alle menschen, die sich aller zitlicher dinge ǎnnent durch gottes willen und weltlicher bekúmerunge muͤrczes ledig stand und ir hercze und ir gemuͤte innen und ussenen allain got ergebent in ganczer minne, und in allen sachen ir leben gelich ziehent der hailigen zwelf botten leben - den wirt daz kroͤnlin mit den zwelf botten, sprichet sant Gregorius. [14] Der mensche was ains der hailige vatter sanctus Franciscus, der in aller wise fuͤrte daz volkumen leben der hailigen zwelf botten, und darumb erschain der seraph ainer us dem selben kore aller seraphien und druket im in die fúnf minen zaichen , damit er in mit únserm herren Jhesu Cristo gebruͤdert , und erzaiget im, daz er gehoͤren solt in die wonunge der seraph mit den zwelfbotten.


23

[1] Darnach ist die ander wonunge der hailigen marterer in dem kore kerubin , won kherubin ist alz ain volkumen durchlúhtunge goͤtlicher gleste , dem die hailigen marterer zuͦrǎment in der ersten warhait. [2] Won wenne si ir bluͦte in goͤtlicher minne unschuldeklich vergiessent durch únsers herren Jhesu Cristi willen und gedultig sind in allem liden und got fúr die bittent, die in daz liden antuͦnd, alz únser herre Jhesus Cristus tet an dem frone crúcze , so verdienent si daz kroͤnlin und kument in die wonung der cherubin . [3] In dis wonunge gehoͤrent alle die, die in herczen und in gemuͤte mengerlayge grǒsz liden hand von vil widerwertekait und gedultig darinne sind und got dankber sind in ir strenkait und twangsal ; ǒch die, die von herczen mitliden hand mit irem neichsten , die si wissend in truͤbsal und in durchehtunge und in scharpfem liden ; und ǒch die, die ir viend minent und got fúr die bittent, die si hassent und umb unschuld vast und hert kestigent . [4] Dis spricht sant Gregorius und hillet mit im sant Bernhardus und sanctus Cyprianus. [5] Wan es ist gar vil marterer, die gar vil grsser liden hond an iren selan, denne ob si ir bluͦt vergussent an irem libe.


24

[1] Es ist die drite wonung in dem riche gottes der hailigen megde und jungfrǒwen in dem kore des trǒnes , darinne got selber sinen segel uf gerihtet und sinen sessel geseczet hǎt alle rain luterkait ze volbringen, und in die wonunge gehoͤrent billich die megde, die rain und unzerstoͤret sind an irem libe und luter und selig an dem herczen und goͤtlich an irem gemuͤte und unverworren an ir consciencie und ainen unvermischeten willen tragent ze got. [2] Von den sant Ambrosius sprichet in dem buͦch von den megden: Wer mag die schoͤne und die gezierde der megde vol ruͤmen, die der ewig kúng minnet, und von dem ewigen rihter gekroͤnet und gewihet werdent und von got allain gehailiget? [3] Got het megdelich luterkait alz wol gevallen, daz si gottes tempel werdent, und von megdlicher rainkait wolt geborn werden. [4] Megtlich luterkait úbertriffet alle menschlich nature und strebet úber die engeln. [5] Es sprichet sant Ciprianus in dem buͦch von den megden: Megde sind swestern der engeln und úberstriterin der untugend, kúngin aller tugent, besiczerin alles lǒnes, darumb so gehoͤret in zuͦ die wonunge des trǒnes , darinne got selber wonet. [6] Won si volgent dem unschuldigen lembelin nach in alle wonung, da es hin wandlet, und mit im die, die alle megdlich rainkait und luterkait behaltent in der wise, und davon geschriben stat, und hant daz kroͤnlin hundertvaͤltigen lǒnes.


25

[1] Die vierd wonunge ist der hailigen lerer in dem kore der herschaft oder der herlichait. [2] Und der ampte ist daz hailig gottes wort giessen mit goͤtlicher kraft in alle undertǎn mit goͤtlicher lere und mit hailigem leben und mit guͦtem bild alle tugent leren und wisen und untugent verbieten und hassen. [3] Won mit hailigem leben und mit goͤtlicher lere pflanzet ain lerer gnade und minne in die menschen, damit si das ewig leben verdienen múgent, alz sant Ambrosius sprichet úber den salter. [4] Solich lerer sind únsers herren Jhesu Cristi bruͤder, der in dem ewangelio gesprochen het: 'Der da leret und die lere mit den werken volbringet, der wirt grǒs gehaissen in dem himelrich.' [5] In den kore der herschaft gehoͤrent ǒch alle die menschen, die daz gottes wort hoͤrent und es behaltent , alz únser herre sprichet in dem ewangelio, und die es erent alz den fronlicham únsers herren Jhesu Cristi , alz sant Augustinus sprichet, und ǒch die, die im naht und tage ain benuͤgen sind und im lebent in gedenken, in worten und werken und in aller der zuͦgehoͤrde , und die sind allermengliches wiser und usrichter und urtailer , alz sanctus Crisostomus der guldin munt sprichet úber sant Matheus ewangelium. [6] Won weͣr goͤtlich lere nút, so wer der gottes dienst bald zergangen und kristan gelǒbe und was darzuͦ gehoͤret.


26

[1] In den vorgenanten vier wonungen git got daz krǒnlin des hundertvaltigen lǒnes den, die darzuͦ erwelt sind, alz ich dich, minende sele, davor geleret hǒn.


27

[1] Die fúnfte wonunge ist in dem kore der fúrsten engel , und darin gehoͤrent kaiser und kúng, herczogen, fúrsten, graven, frigen und edel lút, die witwen und waisen und alle ander iren undertǎn fride und gnade machent und die cristenhait beschirment. [2] In die selben wonunge gehoͤrent ǒch bebste und bischǒf und die prelaten der cristenhait und alle gaistlich lúte, die ir undertǎn seleklichen wisent nach gottes lobe und ir sel hail, alz sant Gregorius sprichet. [3] In die selben wonunge gehoͤrent alle gaistlichen menschen, es sient man oder frǒwa, und der gehorsami ain benuͤgen sind und armuͦt gedulteklich lident und rainkait irs libes behaltent und alle zuͦgehoͤrde irs gaistlichen lebens vollefuͤrent nach dem aller hoͤhsten und besten, alz sant Dyonisius schribet.


28

[1] Die sechst wonung ist in dem kore der gewaltigen engeln, alz Ysidorus schribet. [2] Und in die wonunge gehoͤrent alle die, die ǎne underlǎsz durch der warhait und gerehtekait willen wagent libe und guͦt und darumb lident durchehtunge . [3] Ǒch gehoͤrent in die wonung alle die, die boͤser und túffellicher bekorung und anvechtunge sterkelich wider strebent und der welte versuͦchung und betruͦgnúste nit enahtent und irem aigem libe und flaisch erweren t allen unzimlichen frevel. [4] In die wonung gehoͤrent alle guͦt witwen, die sich got zemal ergebent und im dienent naht und tage, alz úns daz ewangelium leret von frǒw Annen der wissaginen, die da únsern herren Jhesum Cristum in dem tempel enpfieng. [5] Und die witwen hond sechczigvaltigen lone. [6] Ǒch gehoͤrent in die selben wonung ainsidel und waldbruͤder und klosener und klosenerin und alle die, die in selber uf seczent alle strengkait und mengerlaige uͤbung , der gar vil ist. [7] Dis alles schribet sant Dyonisius und mit im santus Gregorius und santus Bernhardus.


29

[1] Die sybende wonung ist in dem kore der kreftigen engel. [2] Den het goͤtlich krǎft den gewalt verlúhen, daz si grosse zaichen und wunder volbringent wider die nature, alz die priester tuͦnt, die us brǒt den frǒnlicham únsers herren Jhesu Cristi gesegnent und us win und wasser daz hailig bluͦt, und mit libe und mit sele und mit siner gotthait krefteklich vom himelrich herab bringent, alz davon wol geleret het min geselle, der ainlift alte. [3] Priester und bichter tuͦnd die zaichen und wunder , daz si alle súnder enbindent von iren súnden und us der helle súne machent ain himel kint, won si enbindent den súnder von tusentlayge banden . [4] In die wonung gehoͤrent alle die, die rúwe und laid hond umb ir súnde und bihtent und buͤssent , alz vil si kúnent oder múgent; ǒch alle, die zemal ir zuͦversiht mit ganczem herczen in got legent, alz die propheten geleret hand.


30

[1] Die achtende wonunge ist in dem kore der kúndeden engel. [2] Darin gehoͤrent alle propheten und patriarchen, die úns in der alten ee gekúndet hond mit figuren und wissuͦngen allez daz, das sich in warhait in der núwen ee ergangen het, und dem gelebet hand und es gelobet hond. [3] In die selben wonunge gehoͤrent alle guͦt ee lút und getrúwe arbaiter und arbaiterin und ǒch alle die, die sich mit rehtem cristam glǒben land benuͤgen und doch lúczel guͦttes tuͦn múgent und sich doch huͤtent vor súnden, so si aller best kúnent und múgent. [4] Won es sprichet sant Augustinus: Der schlehtelich wandlet, der wandelt wol und sicher.


31

[1] Die núnde wonunge ist in dem kore der nidersten engel, die der menschen huͤtent und der doͤrffer und stete und búrge und lender und riche, alz sant Gregorius sprichet und ander lerer. [2] In die wonung gehoͤrent alle unschuldegen und klainen kindelin, die nach dem tuͦffe vervarent in dem verdienen , daz in únser herre Jhesus Cristus verdienet het in sinem liden, von den och Jhesus Cristus gesprochen hett in dem ewangelio: [3] 'Es si denne, daz ir werdent alz die unschuldigen kindelin, so kument ir in daz himelrich nút. [4] Der aber sich demuͤteget alz die kinde, der ist der groͤst in dem himelrich. [5] Und der ain solich kint empfahet, der empfahet mich.' [6] 'Und huͤtent úch, daz ir der kinde kains versmahent , won ich sag úch fúrwar, daz ir engel sehent ǎne underlǎs mins vatter antlút an, der in dem himelrich ist.' [7] Dis alles mainet únser herre Jhesus Cristus: Daz die menschen, die sich haltent hie in zit unschuldeklich und demuͤtig und slehte und ǎne súnde und in tugentricher uͤbunge in allem goͤtlichem wolgevallen, die sind gar grǒs gescheczet in dem ewigen leben.


32

[1] Dis sind alle wonunge des ewigen himelriches, alz es die lerer schribent, und ist nút me ander wonunge da, denne alz vil ieglicher hailig und engel sich benuͤgen lǎt in siner wonunge, daz er umb got verdienet het.


33

[1] Nun hest du, minende sel, von mir vier und zwainczigosten alten wol verstanden, daz in dem hus des ewigen vatterlants vil wonungen sind und ǒch mengerlǎyge widerlegungen der lǒne, die die seligen anders und anders verdienet habent. [2] Und darumb, won úns got sin riche vail gemachet hǎt, alz sant Augustinus sprichet in dem buͦch von dem gaiste und der sele, so solt du es kuͦffen. [3] Und sihe nút daran, daz es úber alle die masse kostbar ist, und daz la dich nút erschreken, daz du es schúhest oder fliehen súllest oder wellest, won es giltet alz vil, alz vil du gelaisten maht. [4] Und hest aber du kain guͦte, so gibe dich selber umb daz ewig riche, won der kuͦff ist got von dir der aller liepste und werdest.


34

[1] Daz ich vier und zwainczigoster alte geleret hǎn dich, minende sele, daz sol dich billich raiczen darzuͦ, daz du billich und froͤlich besiczest mit allen hailigen und engeln den guldin trǒne mit aller der uͤbung , alz dich min gesellen, die dri und zwainczig alten, vor mir geleret hand in alle die wise, damit du den guldin trǒne wol und wirdekliche maht besiczen. [2] Und merk wol, waz sanctus Bernhardus sprichet úber der minne buͦch: Die almehtig dryvaltekait het iren somen gesant in únser ertrich. [3] Die fruht wir schniden súllent in dem ewigen himelrich und si da niessen in got eweklichen. [4] Won der ewig vatter het úns gesant daz koͤrnlin und den somen des himelbrotes. [5] Der sun het úns braht den regen aller warhait. [6] Aber der hailig gaist git darzuͦ tugende und sunnen glast aller goͤtlicher minne. [7] Der ewig vatter git úns von siner almehtikait die gnade in alle uͤbunge . [8] Der sun git úns daz mittel siner wishait in aller kraft. [9] Aber der hailig gaist git úns die besliesunge siner guͤtekait nach ewiger sicherhait. [10] Darzuͦ lerent úns die engel beliplichait bi got, die zwelf botten bestetigunge des glǒbens, die marterer krafte und gedult in liden , die bihter und priester alle gerehtekait , die megde und jungfrǒwan alle rainkait, die patriarchen und propheten alle zierlichait ewiges guͦttes, darumb wir daz ewig riche mit in besiczen.


35

[1] Daz du, minende sele, den guldin trǒne dester bas mit allen hailigen und engeln besiczen múgest, alz ich dich davor geleret hǎn, so schribe den spruche in din sele, den sanctus Augustinus sprichet in dem buͦch von den núczen der rúwen. [2] Er sprichet: Du solt ernstlich dahin gahen und ylen, da du eweklich maht geleben. [3] Won het ain mensche not und angst, wie es sich erneren múg in disem zitlichem leben, daz im doch nit alle zit beliben mag, und mit viel arbaitten und sorgen und gedenken und mit wachen und mit gan und stǎn und mit siczen und lǒffen und mit vil ander bekúmerunge und flis muͦss betrahten umb sin zitlich narunge, die wil es lebet, und in doch nút vervahet weder fúr siechtagen noch fúr ander gebresten noch fúr sterben, noch tusenstund me sol ain mensche sinen flisse und ernste und alle sin begirde und alle sin arbait und mainunge darzuͦ tuͦn, daz es daz ewig leben gewinnen und vinden múge. [4] Won da ist kain sterben, da ist kain arbait noch verdriessen, da ist kain sorge noch unmuͦsse noch bekúmerunge , aber da ist die hoͤhste sicherhait und die hoͤhste selekait und die edelest frihait und die aller wirdigest genuchsamkait . [5] Da wirt ǒch erfúllet, daz únser herre sprichet in dem ewangelio: 'Die menschen werdent den engeln gelich, und werdent die gerehten glissen alz die sunne.' [6] Dis alles schribet sant Augustinus.


36

[1] Sant Ciprianus sprichet in ainer epistel von den sitten: O, du seliger mensch, du solt ainen grossen jamer darnach han, wie du bald und behende ǎne alles verziehen kumest in din reht vatterlant und in din ewig hainmuͦt , da du eweklich beliben solt und darus dich nieman vertriben mag. [2] Merke, du seliger mensche, wie mit gar grǒsser begirde din got selber wartet darumb, daz er dich froͤlich empfahe und dich frúntlich umbvache und mit vollem lust zuͦ dir sprechen wil: 'Bis wilkumen her! [3] Ich wil dich kroͤnen mit der krǒne des ewigen lebens.' [4] Ile balde dahin, da din alle hailigen mit herlicher und ganczer begirde wartend sind, daz si dich gesehen, daz si dich gruͤczen, daz si dich froͤlich wilkumen haissen sin und dich ain hailig dem andern mit frúntlichen geberden kum guͤnen mag vor úberigen froͤden. [5] Leg ǒch in din gemuͤte , daz alle schar und menge der engeln alle mit himelschem gesang dir engegen kument und dir froͤde úber froͤde merent und gebent. [6] Din gebornen frúnd sehent dich an in allem wollegelust und begeren, daz si dir nach kumen zehant, daz ewig leben mit dir und mit in besiczen. [7] Es ist ǒch nieman in allem himelrich, er hab sunder froͤde von diner zuͦkunfte . [8] Dis alles schribet sant Cyprianus.


37

[1] Dis alles lere ich vier und zwainczigoster alte dich, minende sel, darumb, daz die wonungen gottes und aller hailigen und engeln dich darzuͦ raiczen , daz du min lere also volbringest, daz dir der trǒne werd in der hoͤhsten wonunge.


AMENN.


Zitierhinweis

Der vierundzwanzigste Alte. In: Otto von Passau digital, hg. im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Lydia Wegener, Elke Zinsmeister, Jens Haustein und Martin Schubert (2018-2022). Berlin. 03.03.2023

URL: https://otto-von-passau.de/chapter-detail.html?id=O7345714. Abgerufen am: 29.03.2024.