Editionskriterien

Der sechzehnte Alte

Leithandschrift
Ka1 Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. St. Georgen 64
Kontrollhandschriften
Ka2 Karlsruhe, Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 241
Ka3 Karlsruhe, Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 242
St3 Stuttgart, Landesbibliothek, Cod. theol. et phil. 2° 144

Der sechzehnte Alte


1

[1] Qwillet us dem ewigen und geklerten brunen goͤtlicher wishait und kunste alle die lere, die dich ander alten vor mir | (124rb) geleret und gewiset hǎnt, alz der drizehent und der vierzehent alten sprechent und ǒch war sagent, so wil ich sehczehender alte gǒn zuͦ dem selben quellen mit begirde und darus scheffen, wie ich dich, minende sel, wol geleren múg ain schowende leben volbringen, wie du damit úberflússeklich den guldin trone durchsmelczen solt und úberprisen mit aller zierlichait. [2] Und alz min gesell ze nehst vor mir gesprochen hett, daz nun zway leben sind, damit sich der usserwelt mensche mit got verainen múg, aines in wúrken und darus wahset allez verdienen, daz ander in schǒwen und darus kumet allez niessen, so het dich der nehst alte vor mir zemal volkumenlich in allen stuken underwisset von uͤbendem und wúrkendem leben. [3] Aber nun von dem schowenden leben sprichet únser herre | (124va) Jhesus Cristus in dem hailigen ewangelio: 'Ich sag úch fúrwar, daz ir noch werdent sehen den himel offen und die engel uf und nider varen.' [4] Damit mainet únser herre, daz der schǒwenden menschen wonunge in der offenunge dez himelriches ist, da sin schower sehent in ainer wise ir wúrkenden sele gemuͤte uf ze got dringen und in der andren empfindent von goͤtlichem insenken setunge aller richen suͤssekait in gotlicher erkiessunge in durchzugner wise.


2

[1] Minende sele, wilt du ain hohe schǒwerin werden, so solt du von mir sehczenden alten wissen, was ain schǒwende leben sige; und wenne du daz waist, so wirt din jomer und begirde nach dem schǒwenden leben dester groͤsser, wie du darzuͦ wol kumen múgest. [2] Es sprichet der stifter vom gaist: Daz schǒwend leben ist ain durchsihtekait der warhait in | (124vb) ainer froͤlichen dienstberkait. [3] Aber Augustinus in dem buͦch von der dryvaltikeit sprichet: Daz schǒwen ist der lǒne dez glǒben, wen din hercze gerainget und gelúttert werd durch den glǒben. [4] Prosper sprichet in dem buͦch, daz er gemachet het von dem schoͤwenden leben: Schǒwen ist der haimlichen ding ains und der verborgen sachen in endelichem erkennen und ain muͤssig ston aller weltlicher und zitlicher bekúmerunge und ain flisse goͤtlicher kunst und ain gesieht gottes. [5] Und daz machet den menschen aller volkumnest ze schǒwen: allez daz lǒn, daz got nút enist, und got ǎne allen underlǎsz anhafte n. [6] Es sprichet Bernhardus in siner betrahtung: Schǒwen ist, wenne sich der mensche zemal in sich selber gancze samlet und mit goͤtlicher hilfe, alz vil er mag, sich enbloͤszen aller menschlichen sachen. | (125ra) [7] An dem buͦch von der dryvaltekait sprichet Augustinus: Daz schǒwen ist ain specerie, die dez menschen sele berǒbet aller begirde, und alz vil si me ie inbrúnstiger ist, alz si ie rainer ist, alz si gaistlicher ding ie baz und bas zuͦ fuͤiget; und darin onet si sich aller lieplicher gelúst und erstirbet allem dem, daz got nút ist. [8] Es sprichet Gregorius úber Ezechieles wissagunge: Daz schǒwend leben ist in dem gemuͤte behaben gotlich minne zuͦ got und zuͦ dem nehsten und blǒslich viren und ledig ston. [9] griffent, wie got ze schǒwen ist; und mag in doch nieman nach ainem ganczem gar schǒwen, alz er ist, und alz die lerer gemainlich alle haltent. [10] Gott ist groͤsser ursach allez schǒwendes, denne kain schǒwer gesin mag oder werden mag. [11] Won es sprichet Dyonisius in der engelschen jerachie, daz got alle zit | (125rb) ain geformet und eweklich guͦt und schoͤne ist und het in im alle gestalt und begird e beslossen und ist ǒch ytal gar begirlich. [12] Und darumb so het er voͤlleklich, inneklichen und unwiderruͦffenlich in sich gezogen all begriffer und schǒwender begirlichait.


3

[1] Von ainer materie kument gedenke, betrahtunge und schǒwen, sprichet Richardus von dem schǒwenden leben. [2] Gedenken ist ǎn arbait und ǎne fruhte, betrahtunge mit arbait und mit fruhte. [3] Gedenk kument von inbilden, betrahtung kumet von beschaidenhait. [4] Aber schowen kumet von verston und erkennen und begriffen. [5] Der underschaid ist aller notdúrftigest ze schǒwend. [6] Schǒwen ist ain anders denne innekait pruͤfunge, sprichet Bernhardus in dem buͦch von dem troste, won schǒwen ist ain begriffung der warhait | (125va) und nit zwifelig, aber pruͤfunge ist des gemuͤtes ervorscherin und spúrerin der mainung. [7] Es sprichet die glǒsse úber den salter und ǒch Augustinus, daz enczuken ist dez menschen gemuͤtes úberswenken und geschieht etwenne von erschrekunge, etwenne daz der mensche entfremdet wirt in aller vergessenlichait irdescher sachen, etwenne daz es kumet von infliessender vermannung, daz dez menschen gemuͤte uf tribet in ain fremd wise úber dez menschen naturlich vermúgen, und dis ist allez nút schǒwend leben. [8] Es stat ǒch der mensche verdaht in suͤssekait von got in im selber verzuket und het doch nit kainen sichern gegenwúrffe und diz ist ǒch nút schǒwen. [9] Won solich froͤmde wise haissent inbrúnstig vermanunge, die dik und vil geschehent. [10] Wenne aber der mensche mit suͤssekait dez schǒwen | (125vb) úber sich selben entzuket wirt, so wirt er getrenket mit aim úberswenken goͤtlicher suͤssekait alz gar úbertreffenlich, daz er empfremdet wirt aller siner naturlicher múglichait. [11] Und ist in zit nút suͤsser, nit froͤlicher, nit begirlicher, daz den menschen von weltlicher begirde empfremden muge, noch wider boͤse bekorunge streben und guͦte werk anvahen, denne solich schǒwend leben. [12] Diz allez sprichet Richardus in ainer bredige. [13] Got verhenget ǒch etwenne, daz sich der boͤsse gaist verendert in engelsche zierlich gestalt und wirt denne dem menschen alz wol mit der betrogner wise, daz er wenet sin in ainnem schǒwenden leben. [14] Darinn sol sich der mensche wol versuͦchen, sprichet sant Jakob und Gregorius | (126ra) mit im, daz er bestand und nút vale noch betrogen werd. [15] Us disen sinnen allen mit enander ze nement, so maht du, minende sele, wol vernúfteklich merken, waz schǒwend leben si oder nút. [16] Und verstand es wol, won es wirt dir gar núcze.


4

[1] Ich sehczhender alte lere dich, geminte sel, daz ǒch Gregorius sprichet in ainer omelie, daz die gnad schǒwend lebens vor nieman verborgen ist, der sich darzuͦ schiken und fuͤgen wil. [2] Es wirt geben hohen und nidrern, verren und nachen und allen den, die ir hercze ynwendig erlúhtent mit allem goͤtlichem wolgevallen, die werdent mit schǒwendem leben durchkleret nach seligricher wise. [3] Darumb het allez únser uͤbunge alain in begirde got inneklichen dienen und | (126rb) nút anders wúrken,denne alle zergengkliche und zerstoͤrliche dinge under truken und vernúhten, daz man mit inhiczigem gemuͤte gesehen muͦg dez schepfers antlúcz also, daz er erkenne mit smerczen ze tragent den zerstoͤrlichen lip und mit aller begirde ain nachhengen habe zuͦ engelschem wolgeluste und ain sennen nach himelscher ewekeit in ainer zuͦversieht goͤtlicher froͤden.


5

[1] Ez sprichet ǒch Gregorius: Es sind drye saigel schǒwendes lebens: Ainer, daz sich daz gemuͤte in im selber gancz zuͦ im selber samnet also, daz er aller fantasie brúchlichait in den ǒgen sines gemuͤtes stille. [2] Der ander saigel, wie man an sehe die samenunge, daz man sehen, hoͤren, griffen, smaken, enpfinden und anderren sinnen wider streb. [3] Der dritte seigel ist, daz er darnach úber alle sin nature uf klime | (126va) und sich selber da suͦche, da er sich mit kainer creature in gemainsamkait begriffen noch vinden sol - daz ist ain schǒwend leben.


6

[1] Ez sprichet Richardus an dem buͦch von der arch Noe, daz schǒwen ist ain friges, durchsichtiges gemuͤte in wisem zuͦziehen mit wunderlicher zerspraitung. [2] Daz solt du also verston nach sinem sinne, daz schǒwend leben in lediger, friger bewegung sin sol und entladen aller leste und burde und in kainen dingen zitlicher lǒffen sol gehindert sin. [3] Sorgen und súnden sol er ledig stǒn, won schoͤwen mag nit bekúmerunge liden, sunder wil ez sin in sicherhait des gemuͤtez, alz Gregorius sprichet. [4] Schǒwend leben sol och hǒn, alz Richardus mainet, durchsichtig gemuͤte. [5] Daz ist, daz gemuͤte in der sel sol luter sin vor aller schuͤpferunge dez libes und sol gesunt sin; von aller toͤtlicher begirlichait gesúndert, | (126vb) daz si allain sehe in daz lieht, da froͤde und wunne und troste und froloken innen beslossen ist, und sich davon niemer wenden, alz der stifter von dem gaist und von der sel sprichet. [6] Ez sol ǒch schǒwend leben sin in wisem zuͦsehen. [7] Daz ist, daz wúrken in wishait schowen got ze ainem gegenwúrf allem erkiessen und us erwellen sol, in minen alz ain enpfúntlich suͤssekait allez wol gelustez, alz Lintohensis schribet úber die engelschen jerachie. [8] Es sol ǒch schǒwend leben wunderlich und selczemklich zerspraitten sin also, daz menschlich vernúftekeit in aller ir krafte mit goͤtlichem lieht durchglestet werde. [9] Und daz geschiht, wenne die vernuft in ir selber also gelúttert ist, daz si von allen nidren dingen also geverret und gefroͤmdet wirt, daz sú ǎn underlǎs swebet in der hoͤhsten und obresten | (127ra) subtili kait, alz Vertellensis schribet úber Jobz buͦche. [10] Also solt du klarlich verston den spruch, den Richardus gesprochen het: Daz schǒwend leben ist ain frige, durchsiechtig gemuͤte in wisem zuͦsehen mit wunderlichem zerspraiten. [11] Und wenn du diz wol verstast mit siner betútunge, so waist du wol, waz schǒwen ist.


7

[1] Wenn wúrkent leben also sin volkumen uͤbungen volbringet uf sin end, so vaht schǒwend leben sin beginen an. [2] Won wúrkent leben wirt geendet mit dez libes arbait, da sich schoͤwend leben in der sele gemuͤte anvahet mit aller froͤde. [3] Und dabi merk, daz nieman reht schǒwer werden mag, er sie den gesin ain ganczer, volkumner úeber.


8

[1] Schǒwend leben vahet an und beginnet sich zuͦ dem aller ersten in goͤtlichem gedenken, und darnach kumet ain suͤsse betrahtunge und darus wahset | (127rb) ain edele pruͤfunge, davon wirt geborn ain loblich innegunge goͤtlicher erkantnúst, darinne man erst bekent andehtig und hailig empfindungen. [2] Die seligen und hailigen lerer sind darzuͦ genoͤtet, daz si mengerleig staffen und grede und saigel und sprossen geseczet hond, die der volkumnen mensche uf stiget und klimet in schǒwendem leben.


9

[1] Es schribet Bernhardus in dem buͦch von der werkung vierhand wise dez schǒwenden lebens. [2] Die erst ist, daz man sich keren sol in daz grǒs wunder goͤtlicher maͤigistat und der kere suͦchet raingung dez herczen, daz es aller untugent und aller súnden ledig und frige sol ston und sich uf erbúren und uf erheben sol in die hoͤhsten wise ainer verzukten entspraitunge goͤtlicher wunder. [3] Die ander wise ist nǒtdúrffig, daz der schǒwer gesehen sol in | (127va) die urtail gottes mit erschroknen inbliken, wie er untugent vertrib, und ain gruntveste lege aller tugent und gewinne ain hilfe goͤtlicher wishait. [4] Die drite wisse ist kuͦmberunge oder muͤssig gǎn der gedencknúst goͤtlicher guͦtter tete und dankberkeit, die den schǒwer triben súllent ze got. [5] Die vierd wise ist ain vergessenung der vergangnen zit und ding, der sich allain erbietten sol in ruͦwe goͤtlicher gelubde nach ewigem guͦt. [6] Och sprichet er an ainer predige úber der minne buͦch: Die schǒwend sel siehet únser herren got etwenne an alz ainen maister, dez rehte, des rate, dez schikunge, dez gesecze si in sich selber pflanczet alz sin erwelte creature. [7] Und daz schǒwen lǎt die sel nút ruͦwen, darumb daz sich got in ir erzoͤget alz ain geflissen guͦt. [8] Si sieht in ǒch etwenne an alz ain beschaiden rihter, der sin creature verwerffen moͤht, ob er welt, und darinn erkennet si got alz | (127vb) ainen erzúrner, der úber die sel missevallen, zorn het - und solich schoͤwen ist nút volkumen. [9] Si sieht in och etwenne an alz ainen erwelten gemahel, der boͤs vertreit und úbersicht und daz guͦt lonet und widerleget nach ewigem danken. [10] Und in dem schǒwen vindet si ain stat rehter und volkumer rúwe, won got erbútet sich der sel darinne alz ain guͦtter wolgevaller und volebrahter volkumner wille, der sich der sel gelichet nach ir begirde, wie si wil. [11] Es sprichet Origenes úber der minne buͦch.


10

[1] Ich sechczender alte schecze dich ain rehten, waren, sichern und volkumnen schǒwer und jubelierrer, ob du dez ersten alle guͦtte werk volbraht hest, ob du din sinne gancz und gar von allen usseren dingen gezogen hest, ob du der dinger inbildung úberwunden hest, ob du beschaidenhait mit | (128ra) behender bewegung úberloffen hest, ob du vernúnftige ding in durchsihtikeit dez glǒben erkennet hest, ob du in der ersten warhait und in dem hoͤhsten guͦt dinen gaist gancz und gar mit dinem willen geseczet hest, und du darus die zarthait sugest, die dich fuͤre und trenke, daz dich erfroͤwe, schepfest, daz niemer me zergang noch ab neme.


11

[1] Us disem spruch seczet Origenes sechs staffen , die der schǒwend mensch uf ze got gon sol. [2] Der erst staffel ist, daz du voran alle uͤbung in guͦtte werk solt bringen, und wie daz si, daz uͤbent leben doch da sich endet und beslússet, da vahet schǒwend leben an in sinem beginnen. [3] Won es sprichet Gregorius von den sitten: Wer die kunst schǒwendes lebens wil uf gǒn, dem ist notdúrftig, daz er sich e geuͤbet heͣbe in allen volkumen werken. [4] Darumb seczet uͤbent leben Origenes fúr den | (128rb) ersten staffel.


12

[1] Der ander staffel ist, ob du din sinne gancz und gar von allen usseren dingen gezogen hest und in ain inrung zesamen gesamnet hest, alz sanctus Paulus sprichet in siner epistel ainer: [2] 'Die unsihtekeit gottes von der welt geschepfte also si gemachet sind, also werdent sú vernúnfteklich ane sehen die ewigen kraft gottes.' [3] Und mainet Augustinus in dem buͦch von der waren gaistlichait und sprichet also: Daz sige ain kere von zitlichen dingen ze ewikait und von ainem alten leben ain widerbringerin.


13

[1] Der dritte staffel ist, ob du der dinge inbildunge úberwunden hest und alle betrahteklich sachen dines gemuͤtes úberklummen. [2] Won es sprichet Bernhardus úber der minne buͦch: Es mag der mensche nit geraichen zuͦ goͤtlicher luterkait, der noch mit ungeordeneter fantasie bekúmmert ist und sich flaischlicher begirlichait nút onen wil und in den bilden zergenglicher wise | (128va) ze vil verhaftet ist.


14

[1] Der vierd staffel ist, ob du beschaidenhait mit behender wegunge úberloffen hest und alle trugnúst und irresalunge, die die sele geirren múg der obren dinger, murczes von dir geschalten hest. [2] Won es sprichet Richardus an dem buͦch von dem schǒwenden leben: Únser schǒwen ist denne warlich úber beschaidenhait erhoͤhet, wan únser leben daz gemuͤte úber sich hohe erhebet ze sehende, daz menschliche emtpfahunge úbertriffet, alz die sachen sind, die goͤtlich nature ane gond und ainvaltig wesenhait, alz wir geloben.


15

[1] Der fúnfte staffel ist, ob du vernúftige dinge in durchsichtikait dez glǒben erkennet hest und úber dich gezogen bist in alle unverstendeliche wise diner nature, alz davon Dionisius von der vermúscheten jerachie sprichet und redet also: [2] Es ist noch hie voran besunder goͤtlich erkennen, daz bezaichent ist bi Moyses, der von der | (128vb) hainlicheit gottes kam in daz lieht, daz in die kinder von Ysrahel gesehen nút enmohtent. [3] Also kumet der schǒwer in ain unbegriffenlich gottes ainung, daz alz haimlich durchkleret ist, daz der schǒwer sin selbes nit entpfindet, in dem er got umbvahet alz ain núwes erkennen der ersten sachen, darinne alle sache beslossen sind, und daz ist úber menschlichen sinne und vernunfte und úber alles sin gemuͤte.


16

[1] Der sechste staffel ist, ob du in der ersten warhait und in dem hoͤhsten guͦt dinen gaist und willen gar und gancz geseczet hest und darus die zarthait sugest, und dich fuͦre und trenke; und trinke, daz dich erfroͤwe. [2] Du schepfest da, daz dir niemer zergǎt noch abnimet. [3] Da wirdest du aller ding enbloͤsset und ain froͤmdlich und formelich in gebildet in den ersten ursprunge aller luterkait haimlicher | (129ra) froͤd, die got in im selber ainvaltig und dryvaltig ist eweklich. [4] Dis sind die sehs staffel aines schǒwenden lebens, alz si Origenes seczet. [5] Der si haltet, der mag wol schǒwen.


17

[1] Aber der stifter vom gaist der selen der scheczet sehs ander grede ains schǒwenden lebenz. [2] Er sprichet also: Die nidren dinger kument von dem obren, also muͦs man ain schǒwend leben an vahen an den nidern zitlichen dingen, bis man kumet an die obern ewigen dinger. [3] Und darumb, sprichet er in dem ufgang der sehs grede ains schǒwenden lebens, begegent úns zem ersten male der sinne oder sinnelichait, darnach inbildung, darnach beschaidenhait, darnach vernunfte, darnach verstendekait, darnach wishait in dem hoͤhsten und obresten guͦt, daz got selber ist.


18

[1] Der erst grade ist der sinne, won der sinne dez menschen ist ain kraft der sele, die | (129rb) der liplichen dingen empfindet in liplicher forme, alz si gegenwerteklich und manigvalteklich erzoͤgent iren schoͤpfer. [2] Von dem Bernhardus sprichet in ainer predige úber der minne buͦch: Was sind die mainigvaltikait der geschaffenen dinger nach ir zal, nach ir forme, nach ir gestalt nút anders denn goͤtlich gleste und obreste guͦt, darus si geflossen sind? [3] Sy wisent úns von den nidern dingen in die obern, von den gesichtigen in die unsichtigen, von den zitlichen in die ewigen. [4] Daz sprichet der und hillet mit im Sant Augustinus in dem buͦch von der waren gaistlichait. [5] Und darumb so het der maisterstifter von dem gaist die sinnelichen und empfintlichen geschepfte geseczet voran und fúr den ersten grade dez schǒwenden lebens, won si sint notdúrftig darzuͦ, der creaturen wol in got ordenen wil und kan.


19

[1] Der ander grade ist inbildung, won inbildung ist ain soͤliche kraft in der sele, | (129va) daz si inwendig in sich bildet aller liplicher geschepft formen. [2] Und darumb so zúhet si die sele neher zuͦ dem schǒwen gottez, denne uswendig sinnelicheit tuͦn múg, won in ir widerlúhtent alle creaturen alz ain bilde in ainem spiegel, und darumb so ist haimlich erkennen dester neher got.


20

[1] Der dritte grade ist beschaidenhait, won beschaidenhait spiczet daz gemuͤte und tailet warhait und falschait und druket in sich goͤtlich bilde. [2] Und davon redet Augustinus in dem buͦch von der drivaltikeit und sprichet: Beschaidenhait der sel die erkennet nút alain got, si wirt ǒch gottes enpfengklich, wenn si betrahtet von got in betrahtunge, so schǒwend sú, und in schǒwen so minnent si, und also wirt si ǒch von got geminnet.


21

[1] Der vierd grade ist vernunfte, won vernunfte ist ain solich kraft in der sel, daz sú enpfindet und merket unsiehtige gaiste, | (129vb) alz die engel sind und selen und ander geschaffen gaist. [2] Und darumb so ist vernúnftige gesiehte unbetrogen in der sele, alz geschriben stat in dem buͦch von dem gaist und der sele: [3] Vernunfte ist ǒch etwenne ain gabe dez hailigen gaistez, alz vil sú úbernaturlich ist ze begriffen die stuke dez hailigen glǒben. [4] Und also ist vernunfte ain úbertreffend erkennen, daz da durchtringet dez menschen gemuͤte und beraittet ain lieht in dem herczen, darumb si gezalt wirt ze ainem grade schǒwendes lebens, alz Gregorius sprichet.


22

[1] Der fúnfte grade ist verstandekeit, die ain soͤliche krafte in der sel ist, daz si ze aller nehst under got wonnet und bliket in an alz daz obreste und warhaftigest und unverwandlet guͦt und durchdringet haimlich haimlichait, | (130ra) da doch wenig menschen haimlich hin kument, alz Boecius sprichet.


23

[1] Der sehst grade ist wishait, won wishait ist alz vil gesprochen alz ain goͤtlicher smake aines lustigen enpfindens, alz Bernhardus sprichet von der minne. [2] Den goͤtlichen smake mag nieman usgesprechen noch der, der in ǒch verdienet. [3] Er mag aber wol sprechen: 'Versuͦchent und sehent, wie gar suͤsse der herre ist', alz David in dem salter sprichet. [4] Dez smakes enpfindens bevindet man dez ewigen wortes, daz got der vatter us im selber gebirt, darinne die ewig wishait beschlossen ist und alle goͤtlich schecze verborgen sind. [5] Diser smake pflanczet in die sel ain solich lieplich enpfinden, daz sú alle sachen geseczen kan zuͦ irem hoͤhsten adel und alle inwendig sinne kreftiget und bestetiget zuͦ aim blibenden schǒwen. [6] Dis sehs graͤde seczet | (130rb) der stifter vom gaist und der sel.


24

[1] Aber Richardus schribet sehs saigel, die man uf gon muͦs in aim schǒwendem leben, bis man kumet in die warhait, die da alle vernúftekait úbertriffet, die menschlich ist, und da kain uswendig sin nút hin gelangen mag noch inwendig gemuͤte erzúgen. [2] Won wenn der mensche mit uswendigen sinnen liederlich durchzúget ist in allem uͤben, so sol er darnach die sechs saͤigel uf gon in unsiehtig erkennen gaistlicher creature, damit er begriffen und gewinnen múg gegenwúrfe goͤtliches inblikendes, won daz edel wúrken der sel het kain benuͤgen denn inwendig volkumenhait.


25

[1] Der erste saͤigel, daran schǒwend leben anvahet, alz Richardus sprichet, ist inbildung der sele uswendiger ding. [2] Won alz uswendige dinge geschepfet sind, also widersiehtig sind si inwendig in der sele bildung nach schǒwen, nach gestalt, nach gezierd, nach | (130va) smake, nach allem wolgelust. [3] Und die inbildung wirt nút geformet von vorsehen noch von fragen, aber sunder von frigem gemuͤte, daz sich hieher und daher swinget, und der mensch darinne verzuket wirt in ain wunder. [4] Und die bildung ist nun ain schikung zuͦ vernúftikait, alz Richardus sprichet, und ist der erst saigel schǒwendem leben zuͦ gon.


26

[1] Der ander saigel ist, daz in der bildung der sel beschaidenhait sich formet beschaidenlich, waz nuczes und sicherhait darus ze spehent und ervorschend sind. [2] Won allez daz, daz die bildung der sel von uswendigen geschepften dingen in treit, daz kert beschaidenhait in ainen hoͤhern ufzuge, denn bildunge der geschepfte gelaisten múg, alz Richardus sprichet in dem buͦch Benjamin.


27

[1] Der dritte saigel ist, daz beschaidenhait us der bildung der siehtigen dinge formieret und siehtig pruͦfunge het, darinne die sele uf erlupfet wirt und erhebet in ain froͤmde saczunge. [2] Und | (130vb) des ist bildung ain beginnen, ǎne die beschaidenhait ir wúrken nit moͤht geenden. [3] Und der saigel nahet der obresten warhait vil baz denn die ersten zwen.


28

[1] Der vierde saͤigel ist, daz in beschaidenhait und nach beschaidenhait geformet ist. [2] Und davon so wirt slehteklich geschaiden bildung der dinge mit allem irem undersacze, und sich daz gemuͤte alain kert úber sich in ain blos erkennen der aller besten dingen und sich onet aller sinnelichait und sich fuͤget in vernúnftekeit. [3] Davon sprichet Richardus, daz in dem saͤigel menschlich gemuͤte stat in luter und steter verstantnúste abgeschaiden aller dinge der bildunge und siner understan.


29

[1] Der fúnfte saigel ist úber beschaidenhait und doch nút zemale ǎne beschaidenhait und daz ist die, wenne daz gemuͤt sich uf erswinget mit goͤtlicher kraft in ain erkantlich offenbarung, die man doch benútte mit menschlicher wise | (131ra) begriffen mag alz die offenbarung, die wir hond von cristem glǒben und von der hailigen geschrift, alz daz úns geoffenet werdent die stuk dez glǒben und daz got ainvalt wesenhait ist und ewig ist und almehtig ist, und waz soͤlicher sachen sind, die dez gelich sind, die haisent úber beschaidenhait und sind doch nút ǎne beschaidenhait. [2] Und von dem redet Richardus an dem vierden buͦch von dem schowen und sprichet: Es sind etliche dinge under der beschaidenhait alz die, der wir mit liplichen sinnen empfinden. [3] Etliche dinge sind gelich beschaidenhait alz die, die wir mit rehter beschaidenhait erspúren und ervorschen. [4] Etlich sind úber beschaidenhait alz die offenunge, die úns gegeben wirt lideklich von got mit besunderm insprechen von goͤtlicher nature empfindung. [5] Und daz ist der fúnft saigel, der ze schǒwen gehoͤret.


30

[1] Der sechst saigel ist, | (131rb) wenne sich der aller innigest gaist dez gemuͤtes mit goͤtlicher kraft uf hohe erhebet úber alle beschaidenhait, ǒch wider beschaidenhait also, wenne daz goͤtlich lieht und der funke der widergleste sich mechteklich mit enander verbildet in die sel und die sele anfahet ze schǒwend, wer got si und wie er drivaltig ist nach der personen und ainvaltig nach siner wessenhait und wie schoͤn got si und wie mehtig und wie suͤsse, und denne darinne gelúste úber swenklich empfahet, daz sú nút hoͤhers noch bessers begriffen mag. [2] Daz ist denne der aller hoͤhst saigel, etwenne von groͤssung des andahts und wenne daz gemuͤte die sel uf erhoͤhet úber alle himelsch begirde mit flammen der minne. [3] Es kumet ǒch etwenne von grǒssunge ain wunder, alz wenn die sele in die ungenanten glúst der aller zierlichesten schoͤne gottez gespraitet wirt. [4] Es kumet ǒch etwenne von grosser froͤlicher froͤde und froloken, alz wenne die sel zemǎle úber sich selber erzuket wirt und | (131va) mit enander von ir selber enpfroͤmdet wirt in dem enpfinden goͤtlicher suͤssekait in allem geluste.


31

[1] Darnach lere ich sechzehender alte dich, minnende sel, ob du die vier wisen, die dich Bernhardus von dem schǒwendem leben gewiset het, ǒch die sechs staffel Origenes nit gegangen hest, noch die sechs greden dez stifters vom gaist nit gevolget hest, die dich alle andehteklichen lerent ain schǒwend leben vollefuͤren,daz du ǒch nun stigen wellest die himel laitter ains schǒwenden lebens mit etlichen sprossen, die dich zemal inneklich fuͤrent.


32

[1] Der erste sprosse ist bezaichent bi her Jakob, der mit dem engel range und in doch úberwinden nút enmoht, alz in dem buͦch Moysi geschriben stat. [2] By Jakob dem ringer so lerne, wie du in aller wúrkunge der tugent arbait solt hǎn ǎne vermuͤdunge, e du wellest ringen mit dem engeln der durchsichtigen klarhait. [3] Und daz betútet ain schǒ| (131vb) wend leben. [4] So macht du gesprechen mit Jakob in dem schǒwen: 'Ich hab den herren gesehen von antlit ze antlit und davon ist min sel behailet.' [5] Davon sprichet Origenes úber der minne buͦch: Der sich darumb uͤbet in allen tugenden, daz er got schǒwen welle, der ist alz ain werder, gestander frúnd, daz sich got úber in lainet ǎne mittel, daz er got sieht ǎne wolken und nibelunge, daz got in im ruͦwet ǎne verdriessen, daz in got fǒrmet ǎne massen, daz got bi im blibet ǎne ende und ǎne zilung.


33

[1] Der ander sprosse ist, daz du din usser leben solt erlútern und din inwendig leben solt du erkleren, alz úns bezaichent bi Jakob zwo frǒwen, Lya und Rachel. [2] Lya waz berhaft und ungeschaffen, aber Rachel waz gar schoͤn. [3] Lia bezaichent ain wúrkent leben, daz berhaft solt sin in ver| (132ra) dienen manigvaltigen lone und doch nach uswendigem leben ungeschaffen. [4] Won der úber sol wainen und klagen und súfczen und arbaitselig sin durch gerehtekaiten willen und daz er lǒne verdien e. [5] Aber der schǒwen de sol hǎn betrahtunge von got und zuͦ got und in got, und von obresten hǎn pruͤfen, merken, erforschen, verstǎn erkennen, waz suͤsser, lustiger, froͤlicher und lieplicher múg gesin, denne got ist. [6] Und darumb sol der schǒwend die zungen sins gemuͤttes keren in die aller hoͤhsten wishait, darinne sin anblike gekleret wirt, alz Moyses antlút gekleret wart von der biwonung gottes und alz gar durchglestet, daz in die juden nit angesehen mohtent.


34

[1] Der dritte sprosse ist bezaichnet bi dez menschen sel und libe, won alcz der lip von ussen ie me strenklicher uͤbet an wúrkendem leben, alz sich die sel ie me aden| (132rb) lichen uf geswingen mag in schǒwendem leben. [2] Und ain soͤlicher uͤber waz sant Paulus und darumb so wart er ǒch ain solicher schǒwer, daz er enzúket wart bis in den dritten himel und hort und sach die clarhait gottes. [3] Ǒch sprichet Gregorius von sant Benedicten: Do der ainest waz an sinem andǎhtigen gebette, do wart er entzuket in ain solich schǒwen, daz im ain glast goͤtlicher sunnen in schain, in dem er klerlich sach alle diz welt mit enander und allez, daz darinne was, in ainem plike. [4] Und davon sprichet Gregorius: Es was ain wunder, daz der, der mit sinem gemuͤte von aller der welt geschaiden waz, sach in goͤtlichem liehte alle dis welt bi enander gesamnet im schǒwen. [5] Von ainer soͤlicher schǒwender sele stat geschriben in der minne buͦch: 'Du bist ytal, schoͤne frúndin min, und ist kain meili an dir nút.'


35

[1] Der vierd sprosse ist | (132va) bezaichent mit den zwain swestren Martha und Maria Magdalene. [2] Marthten dunkt billich von uͤbender minne, die si het zuͦ Jhesu Cristo, daz im allermenglich dienen solt und sich an im uͤben; und darumb so strafte si ir swester, daz si ir nút half uͤben. [3] Alsus sol ain rehter uͤber allermenglichem gúnnen sich ze uͤben in aller goͤtlicher uͤbung und werken, wan alz ie me uͤber in diser welt ist, alz ie der mensch ie mer seliger und hailiger wirt, wen ain mensch dem andern hilfet sin burde tragen. [4] Aber Maria Magdalene, die da ain schǒerin waz, die het den besten tail erwelt, der ir niemer solt genumen werden. [5] Won der best tail, alz Richardus sprichet in dem buͦch von dem schǒwen, ist got alain ze wartende und zuͦ im keren in, in husen bi im beliben und von im niemer keren noch wenken. [6] Und darumb die rehten schǒwer vahent hie in zit an und volbringent ir schǒwen | (132vb) in ewekait, da es in niemer genomen wirt. [7] Darumb waz Maria Magdalena ain alz adenlich schǒwerin, daz die engel alle tag si ze súben malen uf fuͤrtent und sungent mit ir hainlich gesange. [8] Und also vieng si hie schǒwen an in zit, daz si es dert nusse in ewekait in dem goͤtlichen brunnen aller wishait ewigens schǒwens.


36

[1] Der fúnft sprosse ist bezaichent mit sant Petern und sant Johanssen ewangelisten, von den die goͤtlich wishait sprichet in dem ewangelio ze sant Petern: 'Volge mir nach', alz ob er spreche 'in wúrkendem leben', und darumb so uͤbet sich sant Peter durch got bis in den tode. [2] In der uͤbung sich Jhesus Cristus im die cristenhait bevalhe und machet in sinen fúrwesser. [3] Aber ze sant Johannesen sprichet Jhesus: 'Ich wil in also | (133ra) beliben lǒn', alz ob er spreche 'in aimem schǒwenden leben sol er beliben, daz im zuͤ gehoͤret', alz er vil von schǒwen in sinem ewangelio und ǒch in der tǒgen buͦch schribet. [4] Des ze aim urkúnd wart Jhesus uf dem berge Thabor vor in baiden verbildet, do er in erzoͤgete sin maigestat und sin antlút klar wart alz die liehte sunne, und si sachent und hortent in lip die hailigen drivaltekeit in sunder m underschaid. [5] Da schǒwenten sú in aim beginnen, daz sú nu doͤrt schǒwent in ainem volrichen und sichern gegenwurfe ǎne ende aines ewigen benúgen eweklich.


37

[1] Der Sechst sprosse ist bezaichent an únsers herren Jhesu Cristi persone, darinne wir vinden zwifalt nature. [2] In der menschlichen nature het sich Jhesus Cristus úber alle menschlich sinne geuͤbet me denn kain mensch betrahten | (133rb) múge. [3] Aber in der goͤtlichen nature ist er unlidlich der aller groͤst schǒwer, der ie wart oder fúrbas werden mag, won er ist der, in den die engel begerent ze sehen und ǒch ze schǒwend. [4] Jhesum lernen ze erkennen bringet dem menschen zwivalt schǒwen. [5] Ains uswendig nach siner durcherlitner nature nach der menschait und darinne alle sin uͤbung betrahten, und daz schǒwen bringet gar grǒsse fruͦht und suͤssekait. [6] Von dem Bernhardus sprichet úber der minne buͦch: O du schǒwende sele, suͦchest du ruͦwe, begerest du fride und sicherhait und minnest du fruhtbarkait, so nim vedren an dich ainer brinender begirde und flúg uf und niste in die wunden únsers herren Jhesu Cristi, won nienan ist ruͦwe gnaderiche, nienan bist du sicher, nienan vindest du besser fruht, darus du geschepfen múgest ain zart lieplich schǒwen. [7] Es sprichet ǒch sant | (133va) Gregorius in dem buͦch von dem strite tugent und untugent: Wenne du daz liden Jhesu Cristi in dinem gemuͤte schǒwest, so ist nút alz herte in dinem gemuͤte, es werd von dem schǒwen gewaichet und suͤsse. [8] Daz ander schǒwen vindest du innen in Jhesu Cristi goͤtlicher nature, daz úber alle menschlich sinne ist, von dem Hugo sprichet in dem buͦch von dem clǒster der sel: [9] Schǒwen ist ain clǒster der sel, wenne sich des menschen gemuͤte darinne verpflichtet und ergit. [10] Der betrahtet allain himelsch dinge, von der mengi flaischlicher begirde und gedenken ist er verre geschaiden und viehelich gelúste flúhet er und boͤsser sinne masset er sich und froͤwet sich in got und het ain suͤsses niessen mit den engeln und lustelichs leben und haltet fride in allen sachen. [11] In dem hort der tugent pfliget er ainhelung der sitten und | (133vb) pruͤfet den gewalt des ewigen vatters und erspúret die wishait dez suns und minnet die guͤtekait dez hailigen gaistes. [12] Von dem schǒwenden leben sprichet sant Augustinus in dem buͦche siner sprúch: Goͤtlich schǒwen erlúhtet und erfroͤwet die inwendigen ǒgen und besterket úns wider boͤsse bekorunge. [13] Mit got schǒwen werden wir geschaiden von der welt und erlideget von ir und von dem boͤssen gaist und entladen von anvehtung únsers libes und flaisches und erlediget von der helle und werdent mit schǒwen geseczet in daz himelrich und werdent got innen verainet und werdent mit schǒwen niessen daz hoͤste und daz beste und unverwandelet guͦt besiczen, daz got in im selber ist, ǎneǎne velen. [14] Von dem sprichet Jhesus Cristus in | (134ra) dem ewangelio von schǒwen: 'Vatter miner, erklere si mit der klarhait, die ich bi dir het, e die welt geschaffen wart.' [15] Nun merke, du minnende sele, wie gar guͦt ist und úber alle menschelich sinne núcze nach schǒwendem leben ze stellen, won mit im dringest du mit kraft zuͦ dem guldin trǒne, den dir fúrbas eweklich nieman mag genemen.


Zitierhinweis

Der sechzehnte Alte. In: Otto von Passau digital, hg. im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Lydia Wegener, Elke Zinsmeister, Jens Haustein und Martin Schubert (2018-2022). Berlin. 03.03.2023

URL: https://otto-von-passau.de/chapter-detail.html?id=O0410611. Abgerufen am: 28.03.2024.